Quarantäne

Leider hat es nun sehr lange bis zu meinem nächsten Blogeintrag gebraucht. Der Grund dafür ist, dass mich in der letzten Woche eine heftige Infektion an mein Bett gefesselt hat. Mehrere Tage mit über 39°C Fieber waren kein Spaß! Glücklicherweise hat meine NGO Kontakt zu einem deutschen Arzt vom Med'EqualiTeam hergestellt. Der hat mich super betreut und nach Abstimmung mit dem Krankenhaus hier vor Ort einen Test auf das Coronavirus durchgeführt. Der Abstrich wurde dazu nach Athen geflogen und dort ausgewertet. Nach drei langen Tagen kam dann endlich das Ergebnis: negativ. Ich und alle anderen in der Organisation waren sehr erleichtert! Wir hatten alle große Sorge davor, dass wir den Virus auch ins Camp eingebracht hätten. Außerdem wäre die mediale Situation eskaliert. Auch wenn es derzeit keine Übergriffe gibt ist die Lage angespannt. Hätte dann jemand von einer Hilfsorganisation den Virus auf die Insel gebracht (auf Samos gibt es bisher keinen einzigen bestätigten Fall) hätte das die Stimmung wahrscheinlich noch mehr aufgeheizt.
Trotz negativem Testergebnis wurde ich in die häusliche Quarantäne verbannt. Dort muss ich nun noch bis zum 29. März aushalten.

Der Zugang zum Lager auf Samos wurde, wie auch auf Lesbos, in der letzten Woche massiv eingeschränkt. Die Angst, dass das Coronavirus von außen eingeschleppt wird ist aktuell sehr groß. Das Team von Movement on the ground ist aktuell nur mit ganz wenigen Freiwilligen im Lager aktiv. Einen Großteil der Aufgaben übernehmen derzeit die "Resident Volunteers". Also Geflüchtete die im Jungle leben. Sie kümmern sich um die Müllentsorgung, Auffüllen von Desinfektionsmittel und Ausgeben von Material um die Unterkünfte zu verbessern. Diese Situation zeigt mir ziemlich klar wie wichtig das Konzept "Hilfe zur Selbsthilfe" ist. Obwohl natürlich aktuell alle Freiwilligen sehr gerne im Jungle arbeiten würden.

Foto: Resident Volunteers im Jungle von Samos / © MOTG

In den letzten Tagen haben wir dann glücklicherweise ein paar Aufgaben im "Homeoffice" erledigen können. Derzeit gibt es Überlegungen auf der Insel Desinfektionsmittel für das Camp herzustellen. Dazu ist einiges an Recherche und Planung notwendig. Außerdem haben wir recherchiert, wie wir die Menschen im Jungle bei der Versorgung mit Vitaminen unterstützen können.

Foto: Resident Volunteer beim Auffüllen von Desinfektionsmittel / © MOTG

Leider gibt es weiterhin keine Aussicht auf eine Verbesserung für die Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln. Die Bundesregierung und die EU bekommen es einfach nicht hin zumindest alte und kranke Menschen sowie Kinder zu evakuieren. Es ist erschreckend wie die Menschen hier einfach sich selbst überlassen werden! Und man kann es nicht oft genug betonen: Ein Ausbruch des Coronavirus in den Lagern wird zu sehr vielen Toten führen! Das Krankenhaus auf Samos verfügt nur über sehr wenige Quarantänebetten. Wenn man sich dann überlegt wie dramatisch die Situation z.B. in Italien ist, kann man sich ungefähr vorstellen wie es hier vor Ort sein wird.
Es ist einfach nur beschämend, wie sich die verantwortlichen Politiker*innen verhalten! Diese Situation wurde bewusst herbeigeführt und nun traut sich niemand mehr das Problem zu lösen, weil es unpopulär ist und keine Wählerstimmen bringt. Es wurde auf Abschreckung gesetzt und nicht damit gerechnet, dass Menschen die vor Krieg und Verfolgung fliehen nicht abgeschreckt werden können! Und eines zeigen die Maßnahmen gegen das Coronavirus in Deutschland: Es fehlt nicht am Geld!

Aus meiner Sicht hier vor Ort ist es extrem wichtig, dass das Thema weiterhin "oben"gehalten wird. Postet die Nachrichten über die Situation in den Lagern in den sozialen Medien und sprecht mit anderen Menschen darüber! Außerdem ist es extrem wichtig die NGOs vor Ort finanziell zu unterstützen! Diese können dann Hygieneartikel bereitstellen und den Menschen in den Lager so direkt helfen.

Wenn alles nach Plan verläuft fliege ich am 31.3. wieder zurück nach Deutschland. Um ehrlich zu sein ist das ein sehr beschämendes Gefühl. Nur weil ich zufällig in Deutschland geboren wurde und den richtigen Pass habe, kann ich ohne Probleme hier weggehen. Ein Geflüchteter aus Syrien hat mir vor ein paar Tagen im Camp gesagt: "Es ist so ungerecht, ihr dürft kommen und gehen wann ihr wollt und wir müssen hier bleiben!"

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