Auf dem Weg ...

Gestern ging es endlich los nach Griechenland! Zunächst nach Athen und heute weiter nach Samos. Die Insel Samos liegt im östlichen Teil von Griechenland, nur wenige Kilometer von der Türkei entfernt. Dort werde ich drei Wochen lang mit der Organisation Movement on the ground (MOTG) im sogenannten "Jungle", so wird das Flüchtlingslager außerhalb des EU HOTSPOT Lagers bezeichnet, arbeiten. Der Einsatz ist ehrenamtlich, Reise und Unterkunft werden von den Volunteers/Freiwilligen komplett selbst finanziert.

Ich hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, geflüchteten Menschen direkt an der Grenze der "Festung Europa" zu helfen. Gerade hier zeigt sich nämlich, wie menschlich oder unmenschlich Europa mit Menschen in Not umgeht. Den Gedanken im Bereich der Seenotrettung im Mittelmeer aktiv zu werden hatte ich wieder verworfen, da es mittlerweile sehr unsicher geworden ist wann die Schiffe zurückkehren und ob man wegen Menschenhandel oder Schlepperei z.B. in Italien angezeigt wird.

Auf Samos befinden sich derzeit rund 8000 geflüchtete Menschen, darunter mehrere hundert unbegleitete Minderjährige. Das Lager der EU hat gerade mal Platz für weniger als 1000 Menschen. Alle anderen leben für mehrere Monate und teilweise Jahre in Zelten und selbst gebauten Hütten.

Ich werde auf Samos mit MOTG im Waste-Management und Shelter-Service arbeiten. Waste-Management - Die Müllbeseitigung ist extrem wichtig, weil der Müll die Ratten und Schlangen anzieht. Viele Einwohner*innen haben Bisse von den Tieren, teilweise im Gesicht. Shelter-Service - MOTG versorgt die Einwohner*innen mit Zelten, Planen, Schlafsäcken und Paletten um überhaupt einen Schutz vor dem Wetter aufbauen zu können.

Foto: MOTG Samos / © Rob Timmerman

Zur aktuellen Situation: Nachdem die Türkei die Grenze nach Griechenland geöffnet hat kam es zu verschiedenen Eskalationen. Zum einen versuchte die griechische Grenzpolizei Schlauchboote mit Geflüchteten abzudrängen. Erschütternd waren die Nachrichten und Videos von Versuchen Menschen nicht an Land zu lassen (auf der Insel Lesbos), Grenzpolizei aus Griechenland die durch Schläge mit Stangen Boote von Geflüchteten versuchten abzudrängen und unterlassene Hilfeleistung von türkischen und griechischen Behörden, die zum Ertrinken eines Kindes führten.
Außerdem kam es auf den Inseln Lesbos und Chios zu Übergriffen von Rechtsradikalen auf Geflüchtete und Hilfsorganisationen. Auf Lesbos war die Situation so schlimm, dass einige Organisationen ihre Mitarbeiter*innen evakuierten. Nachweislich reisten und reisen aktuell Rechtsradikale aus anderen europäischen Ländern an die griechisch-türkische Grenze und nach Lesbos um dort angeblich die "europäischen Grenzen zu verteidigen". Laut Berichten von MOTG ist die Situation auf Samos wesentlich ruhiger. Aktuell sind die ersten Organisationen auch auf Lesbos wieder aktiv.

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Menschen auf den Inseln nicht alle gegen Geflüchtete Menschen sind. Jedoch ist die Situation mit so vielen Geflüchteten, die in schlimmsten hygienischen Umständen ohne medizinische Versorgung "hausen" müssen sehr angespannt. Viele Einwohner*innen fordern zu Recht mehr Unterstützung der EU und eine Umverteilung der Menschen in andere EU-Länder.

Die Informationen basieren bisher alle auf meiner eigenen Recherche. Ab Montag werde ich dann erfahren, wie die Situation vor Ort wirklich ist.


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